Wie jedes Quartal wurde der BeckOK-BtMG auch zum 15.06.2023 aktualisiert und steht in der nunmehr 19. Edition zur Verfügung.
Diesmal haben sich durch die Verordnung zur Änderung der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung und der Tierärztegebührenordnung vom 15.03.2023 einige durchgreifende Änderungen im Bereich des medizinischen Umgangs mit Betäubungsmitteln ergeben.
So sind zunächst die bisherigen Verschreibungs-Höchstmengen für Ärzte, Zahn- und Tierärzte in §§ 2-4 BtMVV ersatzlos weggefallen. Weggefallen ist damit neben der Kennzeichnungspflicht für eine begründete Höchstmengenüberschreitung (der Kennbuchstabe “A”) auch die Strafbarkeit einer unbegründeten Überschreitung der Höchstmengen. Meine Kommentierung von § 13 Abs. 1 BtMG habe ich entsprechend überarbeitet, die Verweise angepasst und Rn. 28a (die sich mit der Überschreitung der Höchstmengen befasste) gestrichen.
Zum anderen haben sich Änderungen im Bereich der Substitution durch Verstetigung einiger Sonderregelungen aus der Zeit der Corona-Pandemie ergeben. Dies betrifft zunächst die “Take-Home”-Verordnungen. Bislang war ein Kurz-Verschreibung für die Überbrückung von Wochenenden und Feiertagen (Kennbuchstabe “Z”) für bis zu zwei Tagen oder für eine Kette von Wochenenden/Feiertagen bis zu fünf Tagen zulässig, ansonsten - unter entsprechenden Voraussetzungen - die normale “Take-Home-Verschreibung” (Kennbuchstabe “T”) für bis zu sieben Tage, in begründeten Einzelfällen auch für bis zu 30 Tage. Nunmehr gilt, dass (unter den entsprechenden, unveränderten Voraussetzungen) generell eine Verschreibung für bis zu sieben Tage möglich ist, ohne Bindung an Wochenenden und Feiertage. Der Kennbuchstabe “Z” entfällt damit. Zudem erfordert die “Take-Home”-Verschreibung nicht mehr zwingend einen persönlichen Patientenkontakt; vielmehr genügt ein Kontakt binnen 30 Tagen, ansonsten kann auch eine telemedizinische Konsultation (Videosprechstunde) erfolgen. Letztlich wurde die Liste der Institutionen, in denen die Vergabe des Substitutionsmittel durch eingewiesenes Assistenzpersonal zulässig ist, um die Justizvollzugsanstalten erweitert. In meiner Kommentierung von § 13 Abs. 1 BtMG habe die Verweise auf § 5 BtMVV entsprechend angepasst und die Ausführungen zur “Take-home”-Verschreibung in Rn. 35 aktualisiert.
Die nächste (20.) Edition des Onlinekommentars wird voraussichtlich im September/Oktober 2023 erscheinen. Gerne nehme ich auch weiterhin Kommentare, Ergänzungen und Hinweise auf weitere Verbesserungsmöglichkeiten entgegen.
Vermutlich werden sich bis dahin bereits weitere Veränderungen durch das Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) ergeben haben, in das - im Omnibusverfahren - u.a. Änderungen zur Verabreichung von Betäubungsmitteln im Rettungsdienst durch Notfallsanitäter aufgenommen wurden.
§ 13 BtMG soll einen neuen Absatz 1b mit folgendem Wortlaut erhalten:
(1b) Abweichend von Absatz 1 dürfen die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel durch Notfallsanitäter im Sinne des Notfallsanitätergesetzes ohne vorherige ärztliche Anordnung im Rahmen einer heilkundlichen Maßnahme verabreicht werden, wenn diese nach standardisierten ärztlichen Vorgaben handeln, ein Eintreffen eines Arztes nicht abgewartet werden kann und die Verabreichung zur Abwendung von Gefahren für die Gesundheit oder zur Beseitigung oder Linderung erheblicher Beschwerden erforderlich ist.
Die standardisierten ärztlichen Vorgaben müssen
1. den handelnden Notfallsanitätern in Textform vorliegen,
2. Regelungen zu Art und Weise der Verabreichung enthalten und
3. Festlegungen darüber treffen, in welchen Fällen das Eintreffen eines Arztes nicht abgewartet werden kann.
Entsprechende Folgeänderungen ergeben sich in § 29 Abs. 1 BtMG, wo Verstöße gegen die neue Norm - vorsätzlich wie fahrlässig - mit Strafe bedroht werden, in § 6 BtMVV zur Regelung der Verbrauchsdokumentation durch Notfallsanitäter und (klarstellend) in §§ 2a, 4 NotSanG. Mit dieser Regelung werden bestehende Modellprojekte in verschiedenen Bundesländern legalisiert.
Außerdem soll das “Drug-Checking” in einem neuen § 10b BtMG geregelt und das Verbot des “Drug-Checkings” und der aktiven Konsumhilfe in Drogenkonsumräumen durch Streichung von § 10a Abs. 4 BtMG aufgehoben werden.